Rede von Blockierer Peter Selig-Eder
auf der heutigen Montagsdemo

Liebe Gegnerinnen und Gegner von Stuttgart 21,

ich komme von der Blockade vor dem so genannten Grundwassermanagement. 250 Menschen blockieren dort seit heute morgen die Einfahrt. Mittlerweile setzten sich weit mehr als 300 Personen bewusst über das Baurecht der Bahn hinweg. Warum machen wir das?

Das Grundwassermanagement ist der Stein des Anstoßes – seit dem 30.9., dem Tag, an dem dort illegal Bäume gefällt wurden und mit massiver Polizeigewalt friedliche Demonstranten verletzt worden sind.

Das Grundwassermanagement der vermeintlich bestgeplanten Baustelle ist falsch dimensioniert, um 100%. Das heißt für uns: das Baurecht ist erloschen. Es muss grundsätzlich neu erteilt werden. Und solange haben grundsätzlich alle Bauarbeiten zu ruhen. Es könnte ja sein, dass sich schon im Verlauf dieses Genehmigungsverfahren das AUS für Stuttgart 21 herausstellt, da das Mineralwasser bedroht ist.

Aber es herrscht doch Baustopp, verkünden alle Stuttgarter Zeitungen immer wieder gern. Das stimmt nicht. Vornehmlich nachts treibt die Bahn Bauarbeiten voran. Auch heute Morgen: gegen 6.30 Uhr versuchten zwei Fahrzeuge von Hölscher Wasserbau auf das Baugelände zu kommen, was wir verhindert haben – denn sie sind sicher nicht gekommen, um ihr Vesper zu holen.

Und schließlich fragen uns auch einige von euch: Wozu diese Blockade, wir haben doch gewählt? Das stimmt. Wir haben eine neue Regierung, aber keine der demokratischen Verletzungen, die Stuttgart 21 mit sich gebracht hat, wurde bislang geheilt: weder die unterbundene Bürgerbefragung in Stuttgart, noch die Manipulation der Parlamente und schon gar nicht der 30.9.

Wir haben eine neue Regierung. Aber darin halten sich Gegner und Befürworter dieses unsinnigen Projekts die Waage. Deshalb stärken wir denen den Rücken, die wie wir Stuttgart 21 verhindern wollen.

Vielleicht ist es ja diesen Kräften zu verdanken, dass sich die Polizei bisher zurückhält  und die Blockade toleriert. Ich weiß, viele von euch sympathisieren mit Aktionen des zivilen Ungehorsams. Das stärkt denen, die das Risiko auf sich nehmen den Rücken. Dafür danken wir euch.

Ich weiß auch, dass es eine Schwelle gibt zwischen einer Demonstration gegen Stuttgart 21 und der Teilnahme an einer Blockade einer Baustelle von Stuttgart 21. Vielen von euch scheint das eine hohe Schwelle zu sein. Aber ich kann euch sagen, dass sie nicht so hoch ist, als dass euch der Mut fehlen würde sie zu überwinden.

Wer mir nicht glauben mag, der sei herzlich eingeladen im Anschluss an unsere montäglichen Rituale den Trommlern zu folgen und ans Grundwassermanagement zu kommen und sprecht mit den Blockierern, probiert vielleicht aus, wie es sich anfühlt, wenn ihr auf der Straße sitzt.

Ich verspreche euch: zwischen denen die blockieren und euch hier auf der Montagsdemo gibt es keinerlei Unterschied. Wir alle werden Stuttgart 21 verhindern, wenn wir gemeinsam genügend Entschlossenheit zeigen.

Bis Nachher.